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14. März 2022

Über den Wolken: Fragen zur Cloud-Strategie

Abgelegt unter: Hacker's Corner,Logistik — Thomas Ronzon @ 17:21

Thomas Ronzon arbeitet als Projektleiter und Senior-Softwareentwickler bei der w3logistics AG in Dortmund. Dabei beschäftigt er sich mit der Moder­nisierung von unternehmenskritischen Logistikanwendungen. Darüber hinaus veröffentlicht er regelmäßig Fachartikel.

Auch wenn man aus Management-Sicht „über den Wolken“ (in der Cloud) schwebt, weil ja alles so einfach werden wird, so stellen sich doch ein paar Fragen, um die man sich vorher kümmern sollte. Ein paar davon habe ich in diesem Artikel einmal zusammengetragen.

Internetanbindung
Ohne Internetanbindung kann natürlich auch nicht auf die Cloud zugegriffen werden. Was passiert aber, wenn die Internetanbindung gestört ist? Dann kann kein User arbeiten! Ist deshalb eine redundante Anbindung bei einem anderen Provider, am besten noch über einen anderen Weg, zum Beispiel einmal DSL über Kabel und einmal über Mobilfunk, eingerichtet? Wie reibungslos geschieht die Umschaltung? Gibt es hier Einschränkungen, zum Beispiel dass eine Leitung langsamer als die andere ist? Muss also der Netzverkehr priorisiert werden?

Cloud-Provider
Bei welchem Provider habe ich meine Cloud gemietet? Habe ich alle Anwendungen bei einem Anbieter? Was passiert, wenn dieser Anbieter ausfällt? Was passiert, wenn dieser Anbieter die Preise extrem erhöht? Was passiert, wenn der Anbieter den Dienst einstellt?

Spezielle Funktionen einzelner Provider
Nutze ich spezielle Funktionalitäten, die nur dieser Cloud-Provider bietet? Was passiert, wenn der Provider diese nicht mehr zur Verfügung stellt. Immer wieder kommt es vor, dass gerade große Provider bestimmte Funktionalitäten nicht mehr bereitstellen. Und dann? Ein paar Beispiele finden sich zum Beispiel hier.

Abb.1: Ist die Cloud wirklich billiger?

Datenschutz
Entspricht die angemietete Cloud der DSGVO? Was passiert, wenn es hier Probleme gibt? Wie bekomme ich Probleme dieser Art überhaupt mit? Wer haftet dann?

Software in der Cloud
Was ist, wenn meine Software zum Beispiel ein altes JDK benötigt? Wie lange unterstützt der Anbieter so etwas? Muss ich also immer auf die neusten Versionen wechseln, oder wie lange bleibt mir Zeit? Kann ich überhaupt alte Versionen aus Sicherheitsgründen in der Cloud betrieben? Ist die Software, die ich nutze, überhaupt so unter Sicherheitsgesichtspunkten entwickelt, dass ich diese ohne Probleme in der Cloud betreiben kann?

Latenzen
Welche Latenzen kann ich tolerieren? Muss ich bestimmte Antwortzeiten garantieren? Was passiert, wenn ich diese nicht einhalten kann?

Kosten
Ist die Cloud wirklich billiger, als eine Infrastruktur selbst vorzuhalten. Habe ich zum Beispiel eine kleine Anwendung, so kann diese vielleicht auf einem anderen Server „mitlaufen“ und spart damit Kosten für das Betriebssystem und die Hardware.

Abb. 2: Automatische Fördertechnik kennt kein „Rollback“

Switch zu einem anderen Rechner in der Cloud
Wechselt der Rechner innerhalb der Cloud, mach die Anwendung in der Regel ein Rollback der letzten Transaktion und führt diese dann erneut auf dem neuen Knoten aus. Was passiert aber, wenn der ganze Use-Case aus mehreren Systemen  besteht, die nicht alle in einer Transaktion gehandelt werden können?
Beispiel: In einem automatischen Palettenlager übergibt die Materialflusssteuerung einer Palette den Fahrauftrag, zum nächsten Platz zu fahren. Während die Fördertechnik diese transportiert, rollt das Materialflusssystem zurück. Die Palette fährt aber brav zum nächsten Platz. Schon hat das System einen Versatz von 1! Gibt es Funktionalitäten, derartige Situationen zu erkennen beziehungsweise wieder gerade zu ziehen?

Backup/Recovery
Werden wirklich alle Daten der Anwendung in der Cloud gespeichert? Wie ist es, wenn die Daten auf mehreren Instanzen verteilt sind? Beispielsweise kommt es oft vor, dass die Daten an einem anderen Ort gespeichert werden als die Metadaten. Gibt es hier Strategien, wie diese nicht nur sinnvoll gesichert (Backup), sondern auch wieder hergestellt (Recovery) werden können? Sicherlich machen die Cloud-Anbieter große Versprechungen, wie sicher ihre Daten sind. Das stimmt sicherlich auch für jedes einzelne Puzzlestück. Diese Stücke nach einem Ausfall wieder zusammenzutragen, ist aber Ihre Aufgabe, da der Anbieter Ihre Anwendung ja gar nicht kennt.

Schulung der Mitarbeiter
Eine Cloud verlangt durchaus anderes Wissen, als wenn man die Systeme selbst hostet. Dabei reicht es nicht, dass sich „Irgendjemand“ „irgendwie“ auskennt − bei einem Ausfall hat sonst „Irgendjemand“ Urlaub oder ist krank − und dann? Besser ist es, wenn sich mehrere Leute damit auskennen, die sich gegenseitig unterstützen und vertreten können.

Abb. 3: Wie „regelmäßig“ dieses Backup durchgeführt wurde, sieht man schon an den Fingerabdrücken im Staub auf dem Bandstreamer, als versucht wurde, diesen für das Bild ins „rechte Licht“ zu rücken

Wenn doch was passiert − Ausfall der Cloud-Dienste
Haben Sie sich Gedanken gemacht, was passiert, wenn die Cloud-Dienste ausfallen. Auch das hat es schon gegeben, wie unlängst, als Facebook und WhatsApp mehrere Stunden nicht erreichbar waren.
Was heißt dies für das Geschäft? Wie kann das Geschäft weiterlaufen? Läuft es, nachdem das System wieder verfügbar ist, wieder alleine an, oder muss ich eingreifen? Gibt es eine Notfallstrategie?

Fazit
Die Möglichkeiten der Cloud sind riesig − sie eröffnen uns Möglichkeiten, die vor ein paar Jahren noch undenkbar waren. Die vielen Werbeversprechen sollten aber keinen Architekten daran hindern, sein über Jahre aufgebautes Wissen über Bord zu werfen und sich bedingungslos zu ergeben, denn hier gilt: Cloud? Ja, kann man nutzen − muss man aber nicht (immer). Und denken Sie dran: Uptime matters! − Das Geschäft muss laufen! Dabei wäre es doch schade, wenn es durch schlecht durchdachte Innovation schlechter läuft als vorher!

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